Freitag, 01. August 2008 - ca. 19:00 Uhr
Tübingen:
Gegen halb sieben ist alles im Rucksack was mit ins Riesengebirge
soll. So zumindest der gedankliche Plan. Ich überprüfe mehrfach ob auch alle Elektrogeräte aus sind
und die Mehrfachsteckdosen aus sind.
Gegen kurz nach 19:00 Uhr ist Martin dann vor Ort um mich abzuholen. Der Rucksack wird im Kofferraum
verstaut, die letzten Fenster geschlossen und die Ersatzschlüssel in der Tasche verstaut. Alles ist
bereit für die Fahrt nach Tschechien. Damit die 14 Stunden Zugfahrt besser überbrückt werden wird
die Nacht natürlich durchgemacht.
Bei Martin angekommen werden die frisch gefrorenen Thüringer aus dem Eisfacht geholt, aufgetaut und
anschließen in der Pfanne verzehrfertig heiß gebraten. Sogar Bornsenf ist dabei - das ist doch
Service wie man ihn sich wünscht. Im Anschluss zu den Würstchen gibt's noch eine Runde IT Crowd.
Komischerweise hat mir die abgesetzte deutsche 1:1 Kopie iTeam besser gefallen. Die Charaktere finde
ich zum Teil unpassend.
Inzwischen ist es 23:00 Uhr und somit spät genug sich auf den Weg
ins Top 10 zu machen, welches es seit ca. einem halben Jahr auch in Tübingen gibt. Bisher hat es
alledings keiner von uns beiden geschafft auch mal reinzuschauen und sich eine Meinung zu bilden.
Allerhöchste Zeit also! Zum Eingewöhnen auf ein paar Tage per pedes geht es einmal quer durch
Tübingen. Auf dem Weg tangieren wir den Bahnhof um gleich das Ticket für den nächsten Morgen zu holen. Was erledigt ist ist erledigt.
Vor der Disko ist erstmal ein paar Minuten Warten angesagt. Die Türsteher murmeln was von zu viele
Männer oder so. Und das, obwohl an dem Abend "Lady Kracher" ist und die Mädels bis um 23:00 Uhr noch
umsonst reingekommen sind. Es geht dann doch recht zügig voran. Ein paar Minuten später erhalte ich
gegen 5 Euro Eintritt meine persönliche Chipkart für diesen Abend. Bargeld ist ja so 90er... Direkt
hinter dem Einlass ist eine kleine Cafébar. Hier gibt es die ganze Nacht durch Kaffee und frisch
gebackene Pizza aus dem Steinofen. An der Cafébar vorbei in Richtung der Tanzflächen gibt es noch
einen Automaten um den Stand seiner Chipkarte kontrollieren zu können. Immerhin hat man so die
Möglichkeit noch etwas nachzuschauen, wie viel man schon ausgeben hat. Kontrolle über die korrekte
Eingabe der Bedienungen gibt es natürlich nicht. Es wird schon ein ziemliches Vetrauenverhältnis
vorausgesetzt. Der Betonklotz ist innen recht hübsch eingerichtet. Unterteilt ist er in die Bereiche
"Klub Raum", "Klang Raum" und "XXX Raum". Die Räume haben alle eins gemeinsam: Sie sind zu klein.
Auf den Tanzflächen ist kaum Platz, viele drängen sich herum. Schade eigentlich.
Im Klang Raum ist die Musik die meiste Zeit über annehmbar bis gut. Es läuft Trance und House.
Zwischendurch werden die DJs von den HipHop Teufeln geritten. Ich frage mich immer noch, wie man so
etwas verantworten und nachts noch ruhig schlafen kann. Die HipHop Phasen lassen sich gut bei 80er
Musik überbrücken.
Gegen 03:30 wird es dann zu leer und zu langweilig. Es zieht uns wieder nach Hause. Wir stellen uns
in der Schlange an, es geht nicht sonderlich schnell voran. Einmal quer durch Tübingen zurück
erreichen wir um 4:00 wieder die traute Heimat der Tübinger WG. Der Wecker wird auf 04:50 gestellt;
was soll man in der Zeit auch sonst machen?
04:45: Taki kommt nach Hause. 04:50: Der Wecker klingelt. Ich
packe meinen Schlafsack wieder zusammen und drücke die Luft aus meiner Thermomatte. Der Rucksack
lässt sich noch leicht wieder in den Zustand bringen, wie er war bevor ich die Sachen für die 40
Minuten Schlaf raus geholt habe. Erfreulich. Taki, der gerade vom Flughafen kommt, bietet uns eine
kostenlose Stadtrundfahrt durch Tübingen mit Ziel des Bahnhofs an. Wir nehmen danken an und packen
unsere Rucksäcke in den Kofferraum. Ein paar Minuten später können wir sie auch schon wieder
heraushiefen und in den zweistöckigen Interregio nach Stuttgart Bad-Canstatt tragen. Die Reise
beginnt.
Samstag, 02. August 2008 - ca. 06:30 Uhr
Stuttgart Bad Canstatt:
Wir erreichen den ersten Bahnhof zum Umsteigen. Der Duft von
frisch Gebackenen steigt uns in die Nase. Klar Sache: Es gab noch kein Frühstück, also noch schnell
zum Bäcker gesprungen. Mit der zum Teil noch warmen Beute gehen wir zum Gleis um festzustellen, dass
Andreas noch nicht angekommen ist. Etwas komisch ist das schon, soll doch der Anschlusszug schon in
wenigen Minuten wieder abfahren. Just in dem Moment rauscht allerdings auch schon eine S-Bahn auf
dem Gleis an, auf dem wir eigentlich weiter fahren wollen. Anscheinend ausgeschlafen und ausgeruht
steigt Andi mit einigen Duzend anderen Menschen aus der Bahn aus. Zwei Minuten später kommt auch
schon unser Zug eingefahren und wir machen uns auf den Weg nach Nürnberg. Der Zug ist einer der
schönen alten in blau gehaltenen. Die mit den großen Lederohren an den Sitzbänken in denen man so
gut schlafen kann. Das kommt uns allen sehr gelegen und auf der Fahrt passwirt auch nicht weiter
viel. Wir steigen in Nürnberg um nach Dresden.
Der Zug ist schon zu Beginn recht voll. Eine Gruppe von Jugendlichen steht im Gang und unterhält
sicht recht intensiv über den halben Wagon hinweg. Sie sind auf dem Weg nach Prag und trinken zur
Sicherheit schonmal deutsches Bier vor. Kurz vor Hof steigen sie dann aus/um. Die Gänge werden in
Hof allerdings schon wieder gut gefüllt. Es steigt eine gemischte Reisegruppe von Frauen und Mädchen
ein, die alle auf dem Weg nach Dresden aussteigen. Die letzten beiden der Gruppe sind noch bis
hinter Dresden und kurz vor der Grenze mit im Zug.
Dresden:
Da wir in Dresden anderthalb Stunden Aufenthalt haben, gehen wir
noch Fahrkarten für Tschechien kaufen und etwas die Stadt um den Bahnhof herum unsicher machen. Auf der Suche nach dresdener Spezialitäten stolpern wir über die klassischen Buden mit Rostbratwürsten. Scheint aber nicht zwingend eine dresdener Spezialität zu sein.
Nach einigen Metern finden wir ein paar Lokale mit zusammenhängenden Sitzecken. Nette Idee irgendwie. Mir ist nach Rostbratwurst oder den lecker aussehenden Krakauern.
Dann sehe ich jemanden mit einem enorm aussehenden Schnitzelbrötchen vorbei
laufen. Nicht lange gezögert bestelle ich mir einen Riesenschnitzelburger für den Dumpingpreis von 3,90 Euro. Ich bekomme ein Brötchen mit ungefähr kucheteller-großem Schnitzel drauf. Wow. Wirklich eine gute Portion. Wohl erzogen wie ich bin, esse ich den
ersten Burger meiner Lebens mit Messer und Gabel statt mit den Händen. Das Schnitzel ist sehr gut, belegt ist es mit Tomaten und frischen Gartengurkenscheiben. Außerdem ist noch dänische Remoulade drauf um dem ganzen doch noch einen kleinen Touch mehr Richtung
Burger zu geben. Es hätte ruhig etwas mehr sein dürfen wenn es nach mit gegangen wäre, das ganze war doch ein wenig trocken. Das anvisierte Ziel wird alledings erreicht. Ich bin satt. Sehr sogar. Und zufrieden obendrauf. Andi und Martin futtern sich ebenfalls durch einen Burger (Martin) und zwei
Bratwürsten (Rost und Krakauer).
Jeder holt sich noch ein Eis und es geht zurück Richtung Bahnhof. Sonderlich viel Zeit ist nicht mehr und Andi braucht noch ein paar Taschentücher. Wir finden auf dem Weg einen dm sowie die in letzter Zeit irgendwie häufiger auftretende Plage der Hochzeitsschnorrer.
Die habe ich zwar bisher nur in der weiblichen Ausprägung auf der Straße getroffen, daher ist diese Erlebnis sogar das erste seiner besonderen Art. Nichtsdestotrotz finde ich es trotzdem aufdringlich unbeteiligte Passanten nach Geld für seinen Junggesellenabschied anzubetteln. Der zukünftige Bräutigam zieht also mit ein paar Freunden, ein paar Dosen - per Kette am Knöchel um seine baldige Strafgefangenschaft in lebenslanger Ehe zu signalisieren - und dem in
keinster Weise eingebildet klingenden Spruch "Ich hätte euch alle haben können" auf dem T-Shirt durch die Straßen. Naja.
Sieben Minuten bevor der Zug fährt kommen dann Andi und Martin auch wieder aus dem Laden. Schnellen Schrittes eilen wir zum Bahnhof um gesagt zu bekommen, dass der Zug von einem anderen Gleis abfährt. Um diese Information reicher drehen wir auch geistesblitzartig um und gehen einmal über den ganzen Bahnhof zu dem Gleis auf dem der Zug auf uns wartet.
In Zittau wird der Zug getrennt und anders als im letzten RE sitzen wir nicht im richtigen Abteil. Das kommt davon, wenn man so hetzt. In Zittau steigen wir also in den vorderen Teil, der nach Tanvald weiterfährt. Dafür müssen wir in Liberec nicht umsteigen.
Schon im Zug fällt uns auf, dass die tschechischen Bahnhöfe wohl alle Bahnsteiglos sind. Hat ja immerhin den Vorteil, dass man nicht vom Bahnsteig ins Gleisbett fallen kann. Außerdem spart man sich das Treppensteigen um durch die
Unterführungen auf die verschiedenen Gleise zu kommen. Als wir in Tanvald aussteigen fällt mir auch direkt ein weiterer Unterscheid auf. Es gibt keine Anzeigetafeln welche die Richtung der Züge anzeigen! Allerdings gibt es auch keine Gleisnummerierung. Da es oben weder Tafeln noch Gleisnummern zu sehen gibt,
wird der Blick wieder auf Normalhöhe gesenkt. Ins Auge fällt: Ein Anzeigeschild auf den "Harrachov" steht. Ich muss zugeben, so ein aufgestelltes Metallschild direkt vor dem Zug ist zwar ganz niedlich, aber wenn da mal drei oder vier Züge und nicht nur einer sind, dann wird es doch ein wenig nervig
von einem Schild zum nächsten zu Laufen um zu schauen wo denn der Zug anfährt in den man gerne möchte. Im Zug zeigen wir dem Schaffner die kurz vor Tanvald gelöste Fahrkarte von Tanvald nach Harrachov. 43 Kronen hat sie gekostet, also nicht ganz 2 Euro für 3 Personen.
Harrachov:
Es regnet. Kurz nach Tanvald hat es angefangen und wir können direkt unsere Regenausrüstung testen. Der Bahnhof liegt wirklich ein gutes Stück außerhalb; wir werden mit live Musik begrüßt. Direkt hinter dem Bahnhof ist ein Golf Club und anscheinend gibt es dort gerade live Musik. Wir sind kaum vor dem Bahnhof, da bietet man uns auch schon an, uns in den Ort mit herunter zu nehmen. Aber wir sind ja schließlich zum Wandern da und nicht um mitgenommen zu werden. Wir lehen dankend ab und machen uns auf den Weg. Nach ein paar Metern verlassen wir die Straße und kürzen durch ein Stück Wald ab. Wir erreichen die ersten bewohnten Häuser. Bemerkenswert ist die Anzahl der Zimmer, die man sich nehmen kann. Laut Marco Polo kommen auf 1700 Einwohner 7000 Gästebetten. So finden wir auch an fast jedem Haus den Hinweise, dass es dort Zimmer zu mieten gibt.
Nach ein paar hundert Metern durch den Ort treffen wir auf zwei weitere Backpacker, die wie wir auf der Suche nach dem Campingplatz sind. Während wir ca 70 Meter vor dem Campingplatz auf die Karte schauen wo wie lang müssen, laufen diese allerdings in die falsche Richtung weiter. Auf dem Campingplatz treffen wir niemanden an der Rezeption, dafür direkt ums Eck am Kiosk. Ein deutscher Tourist sitzt bei frisch gezapften Bier davor. Wir nehmen seinen Vorschlag an, erstmal ein Bier zu trinken und auf den Besitzer zu warten, der gerade seine Runde dreht. Wir bestellen drei helle Kozel vom Fass. Das Pils hat einen sehr angenehmen würzigen Abgang und ist tschechisch leicht gebraut und sehr süffig. Es lädt nach mehr ein, allerdings sorgen wir uns als der Chef kommt erstmal um einen Schlafplatz. Wir fragen nach einem Bungalow, es sind allerdings keine mehr frei, so dass wir doch nur einen Zeltplatz mieten. Der Chef ist der Meinung, dass wir uns nicht mehr an diesem Abend anmelden sollen sondern uns einfach bei seinem Bruder melden, der die Wache übernimmt und dann am Morgen da sein wird. Wir stellen also unser Zelt auf und machen uns etwas frisch.
Nachdem das Zelt steht und alles untergebracht ist, machen wir uns mit Appetit auf den Weg nach Harrachov. Es ist kurz vor 22:00 Uhr. Wir erreichen die im Marco Polo angegeben Restaurant-Brauerei in der Hoffnung, ein gutes Bier und etwas deftiges zu Essen zu bekommen. Drinnen bestellen wir uns ein dunkles Bier, müssen allerdings feststellen, dass es um 22:00 Uhr keine warme Küche mehr gibt. Etwas merkwürdig erscheint das am Samstag Abend doch, stand doch auf einem Aushang vor dem Lokal warme Küche bis 23:00 Uhr am Wocheende. Man verweist uns auf ein Restaurant ein paar Meter weiter, an dem wir bereits vorbei gekommen sind. Nachdem das Bier dort gelandet ist, wo letzendlich jeder Alkohol hingehört, machen wir uns auf dem Weg zum Hotel Karolina. Dieses macht abends allerdings auch um 22:00 Uhr die Küche dicht.
Zurück auf dem Zeltplatz wird eine Tüte Nüsse angebrochen und sogleich verputzt. Die Nacht liege ich unruhiger als nötig.

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